Bilanz des 9. Festivals Politik im Freien Theater
Freiburg 2014
Das letzte Bild der Menschenausstellung „Ceci n’est pas…“ von Dries Verhoeven – der nackte Körper einer Hochbetagten, ausgestellt in einer Vitrine im Stadtraum – setzte am 27. November 2014 den Schlusspunkt unter das 9. Festival „Politik im Freien Theater“ in Freiburg im Breisgau. Rund 19.200 Passanten waren in den acht Tagen der Installation auf der Bertoldstraße stehengeblieben, hatten die täglich wechselnden lebenden Bilder kommentiert, ihre eigenen Reaktionen darauf befragt, Handyfotos gemacht und nebenbei bewiesen, dass Freiburg über eine vitale und kontrovers diskutierende städtische Öffentlichkeit verfügt (nachzulesen unter www.cecinestpas.de).
Neben Verhoevens Arbeit formulierten 14 weitere Gastspiele der deutschsprachigen und internationalen Freien Szene in 29 Vorstellungen mit insgesamt 176 Künstlern aktuelle Perspektiven darauf, was der Begriff „Freiheit“ in unserer Welt der Medien, der Migration und des Marktes bedeuten kann. In einem trinationalen Campus, bei Theatertrips in die Region, Vorträgen, Podien, Tischgesprächen, einer Kinderakademie, Workshops, Filmen, Lectures, Interventionen von Schülern oder einem Flohmarkt in Privatwohnungen wurden inhaltliche Aspekte des Festivalthemas vertieft und erforscht. Eine Fabrik mitten in der Stadt, das „Pollerwerk“ von Ortreport & meierfranz, war temporärer Treffpunkt zu Fragen lokaler Stadtplanung. Sieben handgefertigte Poller wandern nun für einen Monat als Skulpturen an verschiedene neuralgische Punkte in der Stadt und gehen dann in den Besitz des Tiefbauamtes und den Freiburger Verkehr über.
Den mit 15.000 Euro dotierten Preis der Bundeszentrale für politische Bildung als Zuschuss für eine Gastspieltournee erhielt der Schweizer Regisseur Milo Rau und seine Gruppe International Institute of Political Murder (IIPM) für ihre Produktion „The Civil Wars”. Die Preisjury, bestehend aus Helene Hegemann, Annette Pehnt und Julian Pörksen, begründete ihre Entscheidung unter anderem damit, „dass es Milo Rau und Ensemble gelungen ist, dem postdramatischen Theater eine neue Ernsthaftigkeit zu geben. Keine selbstreferenziellen Spielchen, keine permanente Absicherung und Distanzierung, keine Ironie – sondern ein ernster, humorvoller Abend, der seinen Darstellern, seinem Thema und seinen Zuschauern sehr viel zutraut. Politisches und Privates werden kunstvoll verschmolzen, der Bürgerkrieg in Syrien und der Krieg der Bürger im eigenen Wohnzimmer.“
Wir freuen uns über die Medienresonanz und den überwältigenden Publikumszuspruch mit ca. 90% Auslastung im Hauptprogramm. Mehr als 10.000 regionale, überregionale sowie internationale Besucher, Fachpublikum und Pressevertreter haben die rund 100 Veranstaltungen des Festivals wahrgenommen.
Das Festival „Politik im Freien Theater” wird von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) seit 1988 im Dreijahresrhythmus in wechselnden Städten veranstaltet. Nach Stationen wie Berlin, Köln und Dresden hatte die 9. Ausgabe vom 13. bis 23. November 2014 mit Freiburg die bislang kleinste Großstadt (knapp 220.000 Einwohner) als Gastgeberin. Das Festival in Freiburg wurde von der bpb in Kooperation mit dem Theater Freiburg, dem E-Werk Freiburg und dem Theater im Marienbad entwickelt und realisiert.
Maßgeblich zum Gelingen und zur Ausstrahlung des Festivals beigetragen haben unsere Förderer – die Stadt Freiburg, die Baden-Württemberg-Stiftung, die Schweizer Kulturstiftung prohelvetia, das Nationale Performance Netz NPN, das Goethe-Institut, das Institut Français, die Firma Schiffmann Außenwerbung, die Sparkasse Freiburg – sowie die zahlreichen Partner in der Region und in der Stadt, die das Festival mitgedacht und zu einem stadtweiten Ereignis gemacht haben. Herzlichen Dank dafür!